Fliegen

Ein Flug um die halbe Welt ist wahrscheinlich für die meisten etwas sehr besonderes. Für mich als relativ unerfahrener Flieger war es das natürlich auch. Damit man sich die Dimensionen einer Reise wie diesen vorstellen kann hier ein paar Daten:

Boarding Karten beider Flüge

Wenn man überhaupt schon geflogen ist, dann war es wohl meistens ein Flug innerhalb von Europa. Der dauert nicht länger als 3-5 Stunden. Möchte man nach Neuseeland fliegen muss man allerdings ein bisschen mehr Zeit einplanen. Es gibt zwei Routen, die gewöhnlich über Hongkong oder Singapur gehen. Mein Flug hatte Hongkong als Zwischenstopp.
Los ging es am Montag den 21. Januar um 12:00 vom Frankfurt Airport. Mit Check-In und Abschied muss man natürlich zwei bis drei Stunden Zeit vorher einplanen. So bin ich mit meinen Eltern schon einen Tag vorher losgefahren und wir konnten uns noch ein bisschen in Frankfurt umschauen.
Mein Flugticket war gebucht für zwei Flüge mit der Airline Cathay Pacific, die ihr Zuhause in Hongkong hat.

Boeing 777 von Cathay Pacific

Auf der ersten Hälfte war eine Boeing 777 im Einsatz, eines der größten Exemplare der Boeing Flotte mit 398 Sitzplätzen auf bis zu 9 Spalten in 78 Reihen (Danke Google). In seiner Ausstattung von Cathay Pacific hat das Flugzeug 9 Toiletten und 4 Sitzabteile.
Der erste Flug hat eine Dauer von ganzen 11:05 Stunden. Dabei werden die Länder Tschechien, Weißrussland, Russland, Kasachstan und China überflogen. Da man gegen die Zeit fliegt wird eine ganze, aber recht kurze Nacht übersprungen und man kommt um kurz nach 6:00 am nächsten morgen an. Obwohl man nicht gerade viel Komfort und Ruhe hat, bucht man zwei Mahlzeiten mit dazu.
Nach einem 9 Stunden Aufenthalt in Hongkong, zu dem ich später etwas ausführlicher schreiben werde, ging es auf nach Auckland in einem Airbus A350 mit 280 Sitzplätzen. Dieser ist etwas kleiner, dafür aber noch enger. Die Flugdauer beträgt nur 10:30 Stunden über die Philippinen, Australien und sehr viel Meer.
Als ich am Auckland Airport angekommen war hatte ich über 18.320 km Strecke zurückgelegt und war fast 48 Stunden wach.

Fluginfo-Karte von Cathay Pacific

Wie man sieht finde ich fliegen wirklich spannend. Ehrlich gesagt hat sich das nach diesem Flug ein bisschen gelegt. Zumindest für die nächsten Monate.

Nun will ich aber etwas lebhafter erzählen wie der Flug für mich war und was für Eindrücke ich dabei hatte:

Abschied
Erste große Aufgabe war den gemeinsamen Treffpunkt am Frankfurter Flughafen zu finden. Denn ich bin zum Glück nicht alleine geflogen sondern mit anderen Leuten aus meiner Organisation und ein paar Begleitpersonen. Schon die Suche gestaltete sich als schwierig, denn wir warteten etwa 100 Meter vom Treffpunkt entfernt. Als wir endlich den richtigen Treffpunkt gefunden hatten wurde das Gepäck aufgegeben und die letzten Minuten mit den Eltern begannen. Das ist schon ein komisches Gefühl. Wie soll man sich verabschieden für ein halbes Jahr?
Ich habe in solchen Situationen meistens das störende Gefühl irgendetwas vergessen, sich nicht richtig verabschiedet zu haben. Zu denken, dass man mit dem einen Schritt noch nicht richtig abgeschlossen hat führt dazu, dass man in den nächsten hineinstolpert.
Das wollte ich vorbeugen, indem ich in der Nacht vor dem Flug darüber nachdachte, wie ich mich vernünftig Verabschiede, um mit allem Vergangenen abzuschließen und mich voll auf das Kommende zu konzentrieren. Ich bin zu dem Schluss gekommen, und das ist auch meine Empfehlung für jeden, der einmal in einer ähnlichen Situation ist, dass es keine angemessene Verabschiedung gibt. Ich konnte nichts finden, das mir ein sicheres Gefühl gegeben hätte. So habe ich mich darauf vorbereitet solch ein Gefühl zu bekommen und mir vorgenommen daran zu denken, dass alles normal ist, wenn ich dieses Gefühl habe.
Außerdem bedeutet Verabschiedung heute allenfalls noch, dass man sich nicht mehr sieht. Verbunden ist man trotzdem noch, durch Skype oder Facetime. So ist eine Verabschiedung nichts endgültiges und deutlich einfacher als noch vor 30 Jahren. Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht aufgeregt sein kann.

Die Southerncross Reisegruppe

Und das war ich. Zwischen den 45 Anderen, die gerade genau das selbe durchmachten wie ich wurde auch mir ziemlich mulmig. Und so blieb mir nur ein schneller Abschiedskuss und ein „wir facetimen dann mal…“ und ich wurde mit den anderen durch den Check-In mitgezogen. Danach ging es durch eine Tür und ich war nun vollkommen auf mich allein gestellt. Erst erwischte ich mich dabei noch einmal zurückzuschauen um zu sehen, ob Mama und Papa noch dort standen, aber spätestens als ich von einem Mädchen angesprochen wurde, dass ich bereits von den Welcome-Days kannte war die Sentimentalität endgültig vorbei.

Abschiedsfoto

Abflug
Nachdem wir alle durch die endlose Sicherheitskontrolle gekommen waren setzten wir uns in den Wartebereich. Die Zeit bis zum Abflug kam mir trotz leichter Verzögerung ziemlich kurz vor, aber das liegt wohl an der Aufregung.
Ich hatte mir bereits im voraus Gedanken gemacht, was ich während den 20 Stunden im Flugzeug machen sollte. Daran muss man wirklich schon beim packen denken. Vor allem wenn man – wie ich – nicht im Flugzeug schlafen kann. Ich hatte meinen Laptop eingesteckt, um vielleicht ein bisschen produktiv zu sein. Das hätte ich mir im Nachhinein jedoch sparen können, denn konzentrieren kann man sich im Flugzeug nicht wirklich gut.
Ein Buch war in meiner Tasche, aus dem ich tatsächlich ein paar Seiten las, dazu ein paar Hörbücher von Sherlock Holmes, die ich noch nicht kannte. Und ich hoffte auf ein paar gute Filme in der Mediathek der Minicomputer an Bord. Meiner war jedoch kaputt.
Mein geplanter Platz war der mittlere in der linken Fensterreihe. Kein purer Luxus aber auch nicht schlecht. Dort saß ich auch während des Starts.
Das Gefühl der Beschleunigung des Flugzeug wird für mich sicher nie langweilig. Als wir schon in der Luft waren tauschte ich zweimal den Platz und verbesserte ihn jedes mal, bis ich einen Platz am Fenster mit viel Fußraum hatte.

Langeweile
Komischer weise kann ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern, was ich in den 11 Stunden des ersten Fluges gemacht habe. Wahrscheinlich nicht so viel. Die Zeit im Flieger geht trotzdem ziemlich schnell um, zumindest hatte ich nicht allzu viel Langeweile. Was ich jedem empfehlen kann: auch wenn man weiß, dass man nicht schlafen kann, man sollte es zumindest probieren. Ohne diese kleinen Pausen hätte ich 48 Stunden wach sein sicher nicht durchgehalten.
Soll ich kurz die Minicomputer erklären? Die sind sogar recht spannend. Bei Cathay Pacific gibt es eine interaktive Weltkarte mit der Flugroute und der aktuellen Position. Außerdem hat das Flugzeug zwei Kameras. Eine am Heckruder und eine an der Unterseite des Rumpfes. Und es gibt eine Auswahl aus verschiedensten Filmen und Musik. Wenn man einen Film startet muss man allerdings 5-10 min Werbung ertragen. Zumindest musste ich das, weil ich zu blöd war sie zu überspringen.

Boeing 777 im Sonnenaufgang

Flugbegleitung
Nachdem wir einen halben Tag Aufenthalt in Hongkong hatten ging es auf den zweiten Flug. Beim Check-In vergaß ich meine Kopfhörer in der Tasche und wurde deshalb noch einmal extra durchsucht. Außerdem hatte meine Mutter ihre Nagelpfeile in der Tasche vergessen, die ich als Handgepäck benutzte. Die war zu lang und musste deshalb aussortiert werden. (Danke Mama) Doch trotz alle dem blieb das Flughafenpersonal in Hongkong sehr höflich und alles war sehr schnell geklärt. In Deutschland hätte mich die schlecht gelaunte Sicherheitskraft wohl eine halbe Stunde verhört. Ich frage mich auch, wieso ich mit der Nagelpfeile überhaupt auf den ersten Flug gelassen wurde, aber das ist ein anderes Thema.
Auch beim zweiten Flug tauschte ich meinen Sitzplatz. Diesmal hatte ich jedoch nicht so viel Glück und saß in der letzten Reihe neben einem Klo und einem Deutschen, der etwa zweimal so breit war wie sein Sitz. Ich bin normalerweise nicht für solche Methoden aber auf einem 10 stündigen Flug ist es meiner Meinung nach angemessen seinen Körperumfang anzugeben. Zumindest hatte ich in den 10 Flugstunden ein weiches Fettkissen, das in meinen Sitz ragte.

Hongkong Airport, Terminal 1

Meine Laune war nun wirklich im Keller. Ich war nicht nur übermüdet, sondern konnte mein Gepäck nicht verstauen, weil es über meinem Sitz kein Gepäckfach gab. Da war die überspielte Nettigkeit der Flugbegleitung nicht wirklich zuträglich für meine Laune. Im Ernst: warum werden die Flugbegleiter/innen so ausgebildet dauerhaft zu lächeln und unmenschlich zuvorkommend zu sein? Warum können sie sich nicht einfach benehmen wie jeder Hotelier oder Kellner es auch macht? Ich würde viel lieber mit jemandem reden, der so aussieht als ob er mich wirklich wahrnimmt und nicht alles hinter seinem Dauerlächeln verbirgt. Das macht die Atmosphäre im Flugzeug so unnatürlich und angespannt. Trotzdem habe ich größten Respekt vor dem Job als Flugbegleiter. Ich könnte nicht 10 Stunden lang lächeln, meinen Rhythmus mehrmals in der Woche komplett durcheinander werfen und einen kühlen Kopf bewahren im Gespräch mit einem dicken Deutschen, der unbedingt auf seiner Sprache antworten will.

Speisekarte beider Flüge

Fastfood
Mag jemand das Essen im Flugzeug? Ich zumindest mag es. Ja, es ist versalzen. Ja, es kommt aus Alu Verpackungen und wird in der Mikrowelle zubereitet. Aber dafür ist es gar nicht so schlecht. Ich hatte zweimal Pasta als Dinner, beides war lecker. Als Frühstück gab es für mich einmal englisches Frühstück und einmal „Kleister“ mit Fisch und Pilzen. Ich habe kein Ahnung was es war, aber es wahr gewöhnungsbedürftig. Bei einer so multikulturellen Kundschaft wie sie eine Airline hat wäre es meiner Meinung nach besser weltbekannte Gerichte zuzubereiten. Oder zumindest Bilder auf die Menükarte zu kleben.
Wenigstens konnte ich meinem dicken Nachbarn noch den „Kleister“ aufdrücken, der sich – warum auch immer – weigerte, selbst zu entscheiden, was er als Frühstück nehmen sollte.

Congee (oder auch „Kleister“)

Einwandern
Eigentlich hatte ich schon in Hongkong halb auf Durchzug geschaltet. Jetzt wo wir gerade in Auckland gelandet waren bekam ich allerdings wirklich nicht mehr viel mit. Doch uns 14 Leuten, die von der 45 köpfigen Truppe übrig geblieben waren stand noch eine City Tour durch Auckland und eine einstündige Busfahrt nach Piha Beach bevor. Die meisten von uns waren in Hongkong in einen anderen Flieger nach Australien gegangen und einige von den Neuseeländern gingen direkt in ihre Gastfamilie.
Doch erst mussten wir überhaupt ins Land gelassen werden. Wie schon in Hongkong gab es einen Zettel zum Ausfüllen, der hauptsächlich fragen über unser Gepäck enthielt. Die Frage, ob ich eine Bombe bauen möchte wurde mir allerdings schon beim Visa Antrag gestellt.
Einreisen nach Neuseeland ist nicht wirklich schwer, wenn man sich vorher um alles gekümmert hat. Das einzige ungewohnte sind die strikten Gepäckbestimmungen. Da Neuseeland eine Insel ist, die eine einzigartige aber sensible Flora und Fauna hat, darf man einige Naturgegenstände nicht einführen. Alles was bestimmte Samen oder Bakterien enthalten könnte muss draußen bleiben. Das geht so weit, dass die Wanderschuhe blank geputzt sein müssen, da an ihnen Samen kleben könnten.
Ich hatte den gesamten Flug über eine Banane im Handgepäck, die ich erst kurz vor der Einreise aß. Da das gesamte Gepäck mit Suchhunden abgesucht wird, musste ich mich auch hier erklären, denn meine Tasche roch noch nach Banane. Auch wenn diese schon eine halbe Stunde nicht mehr in meiner Tasche war.
So ging auch die Einreise in Neuseeland vorüber und wir hatten nun fast den ganzen Weg hinter uns. Von hieran beginnen die Welcome-Days, die ich in einem eigenen Eintrag beschreiben werde.
Nur eines: von hieran waren es immer noch fast 10 Stunden die ich wach bleiben musste.

Ps: Ich glaube es gibt eine Kommentarfunktion. Also schreibt ruhig einen Kommentar, wenn ihr irgendwelche Fragen habt.

Christian